Berichtsheft und Arbeitgeberanweisung: Wann ist Kündigung möglich?

In einem Arbeitsverhältnis ist es Arbeitgebern erlaubt zu definieren, was und wie Arbeitnehmer ihre Verpflichtung aus einem Arbeitsvertrag erfüllen sollen. Teil dieses sog. Weisungsrechts des Arbeitgebers ist auch, seinen Arbeitnehmern vorzuschreiben, wie z. B. ein Berichtsheft geführt werden soll.
Hält sich der Arbeitnehmer nicht an diese Vorgabe – entgegen einer ausdrücklichen Anweisung des Arbeitgebers! – kann eine Kündigung aus diesem Grund rechtmäßig sein, wenn der Arbeitnehmer zuvor ordnungsgemäß abgemahnt wurde, so das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 10.06.2016, Az.: 1 Sa 37/16).

Verhaltensbedingte Kündigung bei Missachten von Anweisungen?

Grundsätzlich stellt sich für Arbeitnehmer oft die Frage: Wann darf ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer überhaupt verhaltensbedingt ordentlich kündigen? Eine Kündigung – so will es das Arbeitsrecht – ist bei bestehendem Kündigungsschutz vor allem unter folgenden Voraussetzungen möglich:

  1. Ein Arbeitnehmer hat Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag erheblich verletzt und das hat Auswirkungen im Unternehmen.
  2. Eine Interessenabwägung kommt zu dem Schluss, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung im Vergleich zum Interesse des Arbeitnehmers an der weiteren Zusammenarbeit deutlich überwiegt.
  3. Der Arbeitgeber hat im Vorfeld der Kündigung bereits eine ähnliche Pflichtverletzung abgemahnt.

Berichtsheft nicht ordentlich geführt: Kündigungsgrund?

Im Fall vor dem LAG Rheinland-Pfalz war vor allem eine Frage zu beantworten: Ist das weisungswidrige Führen eines Berichtshefts – unvollständiges Berichtsheft in diesem Fall – eine Pflichtverletzung, die abgemahnt werden und Basis für eine Kündigung sein kann?
Im Fall vor dem LAG ging es um die Kündigung eines Servicetechnikers, der im Außendienst angestellt war und für Garantie- und Reklamationsarbeiten an Möbeln zuständig war. Laut mündlicher Anweisung seines Arbeitgebers sollte er u.a. dann Vermerke im Berichtsheft zu machen, falls er Reparaturarbeiten ausführte, die allerdings nicht wegen eines Mangels ausgeführt werden mussten, der in den Bereich der Gewährleistung fällt. Die Anweisung war außerdem Teil einer schriftlichen Betriebsanweisung.
An diese Anweisung hatte sich der Arbeitnehmer nicht gehalten und auch die Abmahnung dieses Fehlverhalten bewirkte nichts: auch nach der Abmahnung hielt sich der Mitarbeiter nicht an die Weisung. Letztlich sprach der Arbeitgeber deshalb die verhaltensbedingte Kündigung aus, gegen die der Außendienstmitarbeiter gerichtlich vorging.

Arbeitgeber darf fehlerfreies Berichtsheft verlangen

Die Kündigungsschutzklage gegen die verhaltensbedingte Kündigung blieb allerdings erfolglos. Das LAG Rheinland-Pfalz stellte fest, dass Anweisungen in Bezug auf das Führen eines Berichtsheftes gerade im Außendienst in rechtlich beachtliche Weisungen des Arbeitgebers sind. Das gilt allerdings nur, wenn der Arbeitgeber Gründe für seine Anweisung anführen kann.
Gründe konnte der Arbeitgeber in diesem Fall geltend machen: Ziel der Vermerke war, kostenauslösende Zweitbeanstandungen zu vermeiden. Denn werden die Maßnahmen des Servicemitarbeiters als „Nachbesserungsversuch“ beurteilt, haben Kunden maximal zwei Nachbesserungsversuche zu dulden, dann können sie Ware retournieren. Sind die Servicearbeiten aber nicht als „Nachbesserung“ zu qualifizieren, entsteht dieses Problem nicht. Also war es in diesem konkreten Fall für den Arbeitgeber wichtig zu wissen, ob Reparaturarbeiten auf Wunsch des Kunden erfolgten, ohne dass ein Mangel vorlag und er deswegen keinen rechtlichen Anspruch auf Reparatur hatte.
Das reichte nach Auffassung des LAG aus, um zu urteilen: die Anweisung zur Dokumentation der Reparaturarbeiten war vom Arbeitnehmer zu beachten. Ein Nichtbeachten der Weisung konnte hier also rechtmäßig Abmahnung und Kündigung nach sich ziehen. Und auch sonst fanden sich in diesem Fall keine Rechtsgründe für Unwirksamkeit der Kündigung.

Ergebnis

Das Weisungsrecht bzw. Direktionsrecht des Arbeitgebers berechtigt den Arbeitgeber, Regeln für Arbeitnehmer aufzustellen, wie sie ihren Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nachkommen sollen, beispielsweise wie ein Berichtsheft geführt werden soll. Hält sich der Arbeitnehmer nicht an eine derartige Vorgabe, kann der Arbeitgeber das als Pflichtverletzung abmahnen und den Arbeitsvertrag kündigen, wenn die Abmahnung keine Wirkung zeigt.

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