BAG: Gleiche Kündigungsfristen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zulässig

Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer im Normalfall durch die abgestuften Kündigungsfristen nach Betriebszugehörigkeit vor einem sofortigen Arbeitsplatzverlust geschützt. Doch was ist im umgekehrten Fall, wenn der Arbeitgeber sich auch vor einem sofortigen Arbeitnehmerverlust schützen will und die Einhaltung der gleichen Kündigungsfristen vom Arbeitnehmer verlangt?

Darüber entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil v. 28.05.2009 – 8 AZR 896/07 und stellte fest, dass eine Regelung im Arbeitsvertrag, nach der sich die geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen auch auf die Kündigung durch den Arbeitnehmer erstrecken, sehr wohl zulässig sein kann.

Das Problem

Normalerweise kann ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von nur einem Monat gegenüber dem Arbeitgeber beenden.
Häufig wird jedoch im Arbeitsvertrag vereinbart, dass eine Arbeitnehmerkündigung unter Beachtung der gleichen (längeren) Kündigungsfristen für eine Arbeitgeberkündigung möglich ist. Die Pflicht, eine Kündigung unter Beachtung der Fristen für die Arbeitgeberkündigung auszusprechen, ist in den meisten Fällen allerdings eine Verlängerung der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers.

Der Fall vor dem BAG

Ein Arbeitgeber vereinbarte im Arbeitsvertrag mit einem Arbeitnehmer, dass das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten unter Einhaltung der normalerweise nur für den Arbeitgeber gesetzlich geltenden Kündigungsfristen nach § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ordentlich gekündigt werden kann.
Wörtlich stand im Arbeitsvertrag: „Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits ordentlich unter Einhaltung der für den Arbeitgeber nach § 622 BGB gesetzlich geltenden Kündigungsfristen gekündigt werden.“
Der Arbeitnehmer sah diese Klausel als unwirksam an und hielt sich bei seiner Kündigung nur an die normale einmonatige Kündigungsfrist für Arbeitnehmer. Da es sich um einen Formulararbeitsvertrag handelte, argumentierte er, die Klausel sei intransparent, überraschend, unklar und deshalb unwirksam. Dem hielt der Arbeitgeber entgegen, dass die Regelung der Kündigungsfrist wirksam sei und der Arbeitnehmer deshalb einen Monat länger hätte arbeiten müssen, als er es getan hatte. Denn nach sechsjähriger Betriebszugehörigkeit hätte wegen der wirksamen vertraglichen Regelung eine Kündigungsfrist von zwei Monaten, nicht nur von einem Monat gegolten.

Urteil: Verlängerung der Kündigungsfrist für Arbeitnehmer zulässig

Das BAG gab dem Arbeitgeber Recht. Denn die vertragliche Klausel über die Kündigungsfrist benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen, wie der allerdings argumentiert hatte. Dieses Ergebnis begründet das BAG vor allem mit zwei Argumenten:

  1. Kein Verstoß gegen Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB
    Laut BAG ist die Regelung im Arbeitsvertrag (s.o.) hinreichend bestimmt. Im Vertrag steht, dass nach Ablauf der Probezeit „beiderseits” die Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis ordentlich, unter Einhaltung der gesetzlich geltenden Kündigungsfristen für den Arbeitgeber nach § 622 BGB zu kündigen. Ein Arbeitnehmer kann als „aufmerksamer und sorgfältiger Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr“ unschwer erkennen, dass auch er nur unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen nach § 622 BGB ordentlich kündigen konnte. Die fehlende genaue Verweisung auf § 622 Abs. 2 BGB macht die Klausel nicht intransparent.
  2. Keine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB
    Die Verlängerung der Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer ist in einem Formular(arbeits)vertrag alltäglich und nicht überraschend. Das Gesetz selbst sieht diese Gestaltungsmöglichkeit vor, § 622 Abs. 5 S. 3 BGB. Genauso sind „Gleichbehandlungsabreden“ im Gesetz bedacht, die für den Arbeitgeber die gesetzlich verlängerten Fristen auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer erstrecken (§ 622 Abs. 6 BGB).

Fazit

Laut Bundesarbeitsgericht ist eine Klausel im Arbeitsvertrag zulässig, die bestimmt, dass ein Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung die gleichen gesetzlichen Kündigungsfristen wie der Arbeitgeber zu wahren hat – auch wenn das die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer verlängert.

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