Früher Feierabend gemacht: fristlose Kündigung?

Es gehört zu den Hauptpflichten eines Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber seine Arbeitsleistung zu den vereinbarten Arbeitszeiten zur Verfügung zu stellen. Wenn er das ausnahmsweise einmal nicht tut und seinen Arbeitsplatz eine Stunde vor Dienstschluss verlässt: Darf der Arbeitgeber dann fristlos kündigen? Mit dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht Köln beschäftigt (LAG Köln, Urteil v. 20.01.2012, Az.: 3 Sa 408/11).

Wann kann Arbeitgeber fristlos kündigen?

Beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – können ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund kündigen, ohne eine Kündigungsfrist einhalten zu müssen. Nach § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss es dem Arbeitgeber unzumutbar sein, den Ablauf der Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung abzuwarten.

Ob das der Fall ist, ergibt sich aus einer zweistufigen Prüfung: Auf der ersten Stufe ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt generell geeignet ist, einen Kündigungsgrund darzustellen. Ist das so, erfolgt auf der zweiten Stufe eine Interessenabwägung. Bei dieser Abwägung sind die konkreten Umstände des Einzelfalls und die Interessen beider Vertragsparteien an der sofortigen Beendigung (Arbeitgeber) oder dem Abwarten der Kündigungsfrist (Arbeitnehmer) zu berücksichtigen.

Kommt die Abwägung zu dem Ergebnis, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist, kann die fristlose Kündigung ausgesprochen werden.

Verlassen des Büros vor Dienstschluss als „wichtiger Grund“?

Fraglich ist, ob das Verlassen des Büros vor Dienstschluss einen wichtigen Grund darstellt, der den Arbeitgeber zu einer fristlosen Kündigung berechtigt.

In einem Fall vor dem LAG Köln hatte der Arbeitnehmer an einem Tag das Büro mehr als eine Stunde vor Dienstschluss verlassen, ohne das zuvor mit einem Vorgesetzten abzustimmen. Grundsätzlich war das Arbeitsverhältnis zuvor bereits etwas belastet. Denn der Arbeitnehmer hatte zuvor Arbeitsplatz trotz entsprechender Abmahnung wiederholt elektronische Geräte aufgeladen (iPod, Rasierapparat), ohne hierfür um Erlaubnis zu fragen.

Das vorzeitige Verlassen des Arbeitsplatzes nahm der Arbeitgeber dann zum Anlass, dem Arbeitnehmer fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen. Gegen diese Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage.

Wie hat das Landesarbeitsgericht entschieden?

Das LAG Köln erklärte daraufhin die außerordentliche fristlose Kündigung für unwirksam: Weder die „Stromunterschlagung“ noch das Verlassen des Arbeitsplatzes seien geeignet, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darzustellen. Die zweistufige Prüfung (s.o.) scheiterte demnach hier bereits auf der ersten Stufe.

Das Aufladen des Rasierapparats sei aus wirtschaftlicher Sicht eine Lappalie, das Verlassen des Arbeitsplatzes habe keine negativen betrieblichen Auswirkungen gehabt. Selbst wenn man in letzterem einen wichtigen Grund erkennen wolle, sei die Reaktion des Arbeitgebers „offensichtlich unverhältnismäßig“. In beiden Fällen hätte der Arbeitgeber zunächst das Gespräch mit dem Arbeitnehmer suchen bzw. eine Abmahnung aussprechen müssen.

Fristlose Kündigung unwirksam – ordentliche Kündigung wirksam

Allerdings hat die ordentliche Kündigung des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist beendet. Denn nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts war die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wirksam.

Auf Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) konnte sich der Arbeitnehmer nämlich nicht berufen: Das Kündigungsschutzgesetz war auf sein Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. Das wiederum hatte zur Folge, dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag ohne einen Kündigungsgrund mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende kündigen konnte, § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB.

Was bedeutet das Urteil für die Praxis?

Auch wenn in diesem Fall das Gericht keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung erkennen konnte, sollten Arbeitnehmer vorsichtig damit sein, die Rechte und Pflichten zwischen aus dem Arbeitsverhältnis zu locker zu nehmen: Das nicht genehmigte Aufladen von Elektrogeräten oder das verfrühte unerlaubte Verlassen des Arbeitsplatzes kann – immer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, selbst wenn Kündigungsschutz greift. Das gilt auch und gerade, wenn der Arbeitgeber bereits eine diesbezügliche Abmahnung ausgesprochen hatte.

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